Leseprobe Kapitel 5
Fritz führte sie in ein Gebäude, das Taya zuerst für die Stallungen hielt und wollte schon eine entsprechende Frage stellen. Aber nachdem sie das Haus betreten hatten, staunte sie nicht schlecht.
Gemütlich sah es hier drinnen aus. In einer Ecke war ein Kamin angelegt. An den Wänden und der Decke waren die Holzbalken zu sehen und die Luft war geschwängert vom süßen Duft frischgebackenen Kuchens. Mitten im Raum blieb sie stehen und drehte sich einmal um sich selbst. Alles wirkte irgendwie alt ... aber dennoch zeitlos. Sie entdeckte einige Pokale und Medaillen, auf denen Pferde abgebildet waren. Ein erster Preis fürs Springreiten. Und dort: Für das schönste Pferd. Ehrfürchtig las sie nach und nach die Urkunden und verstand nicht, warum sich Fritz mit Kindern solche Arbeit machte, wenn er doch so viele Preise gewann. Eigentlich hatte er das doch nicht mehr nötig, oder? Gewann man bei diesen Ausstellungen und Wettkämpfen nicht auch Geld?
»Beeindruckend, nicht wahr?« Fritz hatte ihre Koffer abgestellt.
»Ich bin sprachlos.«
»Das hier ist der Gemeinschaftsraum«, erklärte er, ohne die Preise anzusprechen. »Meine Frau backt jeden Tag für euch Kinder Kuchen, denn die Arbeit auf so einem Reiterhof benötigt Kraft. Und nun lass uns nach Oben gehen. Dort zeige ich dir dein Zimmer.«
Die Treppen knarrten lautstark unter ihren Tritten. Und mehr als einmal dachte Taya, dass sie nun durchbrechen würden. Entgegen ihrer Erwartungen hielten sie.
Oben angekommen führte Fritz sie in eine Kammer, ganz am Ende des Ganges.
»So, das hier wird dein Zimmer.«
Er zog die schwer aussehende Holztür auf und ging hinein. Vor einem Schrank, der ebenfalls aus Holz war, stellte er die Koffer ab.
Taya war etwas enttäuscht, nachdem sie den Raum betreten hatte. Er war klein. Viel kleiner, als ihr Zimmer zuhause. Und es gab keinen Fernseher! Nur ein Bett, den Schrank und einen Tisch mit Stuhl.
Fritz musste wohl ihre Enttäuschung in ihrem Gesicht gelesen haben, denn sofort sagte er: »Das Zimmer ist klein. Ich weiß. Aber du wirst sowieso nur zum Schlafen hier oben sein. Den Tag über bist du bei den Pferden und abends sitzen wir allesamt unten im Kaminzimmer. Solltest du dennoch etwas vermissen, sag mir Bescheid. Ach ja, das Badezimmer ist die zweite Tür links, wenn du hier raus gehst. So, ich muss jetzt erstmal wieder runter, Paul und Paula versorgen, damit sie wieder auf die Koppel können. Kommst du dann einfach nach, wenn du ausgepackt hast?«
Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern verließ das Zimmer, nachdem er geendet hatte.
Taya ging zum Fenster und schaute hinaus. Wald, Wiesen. Pferde und Ziegen. Hunde! Oh je, und hier sollte sie die nächsten zwei Wochen verbringen?
Eine Träne rollte über ihre Wange und hinterließ einen salzigen Geschmack auf ihren Lippen.
»Papa, wenn du wenigstens da sein könntest! Was soll ich hier nur machen?«
Doch dann erinnerte sich Taya an das, was Fritz gesagt hatte: Er hatte von anderen Kindern gesprochen.
»Hoffentlich sind die nicht alle noch im Kindergartenalter und obendrein Landeier«, murmelte sie und seufzte.