Leseprobe Kapitel 4
Die Fahrt verlief recht holprig und Taya wurde unsanft durcheinander geschüttelt.
Als der Hof in Sichtweite kam, übergab Fritz ihr die Zügel. Verdutzt schaute sie auf die dicken Lederriemen in ihrer Hand.
»Ich gehe schon mal vor und sage Bescheid, dass du kommst.«
Er lachte und sprang, trotz seines hohen Alters, federleicht von der Kutsche.
»Na vielen Dank auch«, nuschelte Taya. Ihre Finger zitterten, doch so lange die Tiere ihre Angst nicht spürten, würde das ein Kinderspiel werden. Taya atmete tief durch. Jawohl, sie würde es schaffen! Dennoch rief sie den Ponys »Macht mir ja keinen Quatsch da vorn!« zu, nachdem Fritz außer Hörweite war. Doch Paul und Paula kannten den Weg zum heimischen Stall und hielten erst an, als ein Heuhaufen in die Reichweite ihrer Mäuler kam.
»He ho! Ihr seid ja schon da!« Fritz kam ihr lachend entgegen. »Und nun, junge Dame, ist deine Reise vorerst beendet. Willst du zuerst die Pferde sehen oder deine Unterkunft?«
»Meine Unterkunft!«, antwortete Taya prompt. Nur weg von diesen Wesen, die ihr noch immer so unheimlich und bedrohlich vorkamen.
»Du bist ein ungewöhnliches Mädchen.« Fritz schüttelte den Kopf. »Na dann komm mal mit!«
»He! Hilfe! Ein Monster!«, rief Taya erschrocken, als, wie aus dem Nichts, ein schwarzer Schatten an ihr hoch sprang. Schon spürte sie etwas Feuchtes über ihre Wangen gleiten, das entsetzlich stank.
»Atax, mach sitz!« Fritz zeigte auf den Boden und blickte dabei den Hund streng an. »Vor ihm brauchst du keine Angst zu haben. Das ist Atax. Ein richtiger Streuner. Eigentlich soll er den Hof bewachen. Aber er treibt sich lieber überall herum.«
Atax saß vor Taya, die ängstlich einen Schritt zurückwich. Sein Blick ruhte weiter auf ihr, als wäre er sich seiner Beute längst gewiss.
»Atax also. Ähm ... ich freue mich, deine Bekanntschaft zu machen.« Der Mischling schaute unter seinem dichten Haarkleid hervor, hob die Pfote und streckte sie in Tayas Richtung.
»So bist du ein Braver«, sagte Fritz an den Hund gewandt und sprach dann weiter zu Taya: »Er möchte dir damit ›Guten Tag‹ sagen.«
»Ähm ... ja. Guten Tag, Atax«, flüsterte sie und streckte ihre Hand aus.
Schneller als sie schauen konnte, leckte er mit seiner feuchten Zunge darüber.
»Igitt!«, schrie sie und sprang zurück.
»Atax, nun lass gut sein. Taya kommt aus der Stadt. Sie ist mit den Tieren noch nicht so vertraut. Aber das wird sich sicherlich bald ändern. Und du hilfst ihr dabei. Stimmt´ s, alter Junge?« Er strich dem Hund über den Rücken, der wie zur Antwort bellte. »So ist es brav. Und nun such dir jemand anderen zum Spielen.«
Atax stolzierte davon, ohne sich noch einmal umzublicken.
Taya sah ihm nach, bis er um die nächste Hausecke verschwunden war. Wie kindisch sie sich doch benommen hatte! Am liebsten wollte sie sich dafür ohrfeigen. Doch nun war es zu spät. Sicher würde es später noch eine Gelegenheit geben, sich mit dem Hund anzufreunden, oder zumindest Frieden zwischen ihnen beiden zu schließen.
»Er ist wirklich ein ganz Lieber. Er sieht zwar gefährlich aus, aber sein Herz ist noch viel größer, als sein Körper. Und nun komm mit.«